5.1 Variation und Plurizentrik (beta)¶
„El español tiene muchas voces" – Welches Spanisch lehre ich eigentlich?¶
Wer Spanisch unterrichtet, steht früher oder später vor einer grundlegenden Frage: Gibt es „das Spanische“ überhaupt – und wenn nicht, welches lehre ich?
Spanisch ist eine Weltsprache mit über 500 Millionen Sprecher:innen in mehr als zwanzig Ländern – von Spanien über Mexiko, Kolumbien und Argentinien bis nach Äquatorialguinea. Weil nur ein kleiner Teil dieser Menschen in Spanien lebt, wird schnell klar: Es gibt nicht „das eine“ Spanisch. Vielmehr bildet die Sprache ein komplexes Geflecht aus Varietäten, die regional, sozial und kulturell unterschiedlich verankert sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Diese Vielfalt zeigt sich auf allen Ebenen: in der Aussprache, im Wortschatz, in grammatischen Strukturen und in typischen Redewendungen. Manche Unterschiede sind sofort hörbar – etwa, wenn ein c oder z unterschiedlich ausgesprochen wird –, andere fallen erst bei genauerem Hinhören oder Lesen auf, zum Beispiel die Verwendung von ustedes statt vosotros. Für Lernende sind solche Unterschiede oft das erste sichtbare Zeichen sprachlicher Variation.
Traditionell orientierte sich der Spanischunterricht lange am sogenannten peninsularen Standard, also an der in Spanien kodifizierten Norm, was sich bis heute an der Gestaltung von Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien erkennen lässt. Heute gilt diese einseitige Orientierung als überholt. Aus linguistischer Perspektive spricht man vielmehr von mehreren gleichberechtigten Standardvarietäten des Spanischen, ähnlich wie im Englischen zwischen British English und American English sowie weiteren Standardsprachen unterschieden wird, die mehr oder weniger stark institutionalisiert sind.
Diese Erkenntnis wird unter dem Begriff Plurizentrik beschrieben. Plurizentrische Sprachen verfügen über mehrere nationale oder regionale Normzentren, die jeweils eigene Standardvarietäten ausbilden. Für das Spanische bedeutet das: In jedem Land, in dem Spanisch Amtssprache ist, haben sich eigene sprachliche Normen entwickelt, die sich vom Spanischen der Nachbarländer mehr oder weniger stark unterscheiden können – getragen von gebildeten Sprecher:innen und gestützt durch nationale Institutionen, Medien und Bildungssysteme. Es gibt also nicht nur eine „richtige“ Form des Spanischen, sondern mehrere gleichwertige Standards.
Für den Unterricht ist diese plurizentrische Struktur besonders bedeutsam. Lehrkräfte treffen nicht nur inhaltliche, sondern auch sprachliche Entscheidungen: Welche Varietät setze ich als Bezugspunkt? Wie gehe ich mit Unterschieden zwischen Schulbuchsprache, meiner eigenen bevorzugten Varietät und der Lernendensprache um? Und wie kann ich vermitteln, dass Variation ein normaler und wertvoller Bestandteil des Sprachgebrauchs ist?
Dieses und die anschließenden Kapitel sollen Lehrkräfte dabei unterstützen, eine moderne und reflektierte Haltung zum Thema Variation zu entwickeln. Sie zeigen, warum sprachliche Vielfalt im Spanischen keine Schwierigkeit, sondern eine Chance für sprachbewussten Unterricht ist. Dabei geht es nicht darum, alle Varianten zu kennen oder zu lehren, sondern ein Bewusstsein für ihre Gleichwertigkeit zu fördern und Variation als Ressource zu begreifen.
In diesem Kapitel werden dazu die nötigsten Grundbegriffe grob umrissen. In den folgenden Kapiteln geht es dann konkret um die wichtigsten Variationsphänomene der Hispanophonie: Zunächst veranschaulicht das Kapitel Aussprachevariation die wichtigsten Phänomene auf der lautlichen Ebene anhand von Hörbeispielen, sodann gibt das Kapitel Grammatische Variation einen Überblick sowie Beispiele zu den wichtigsten Unterschieden etwa im Tempusgebrauch (z.B. perfecto compuesto vs. indefinido) und bei den Pronomina (z.B. vosotros vs. ustedes, voseo) und schließlich bietet das Kapitel Variation im Klassenraum konkrete Ansätze und Vorschläge, wie sich diese sprachliche Vielfalt didaktisch aufgreifen und im Unterricht praktisch umsetzen lässt.
Variation: Wie Sprachen variieren – und warum das wichtig (und spannend) ist¶
SSprachen sind nie einheitlich. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Ausdrucksformen, die je nach Ort, sozialem Umfeld und Situation unterschiedlich gebraucht werden. Diese Vielfalt bezeichnet man als Variation. Sie ist kein Zeichen von Unordnung, sondern ein Grundmerkmal lebendiger Kommunikation.
Auch das Spanische existiert nicht als eine einheitliche Sprache, sondern als Netzwerk verschiedener Varietäten, die sich in Aussprache, Wortschatz, Grammatik und Gebrauch unterscheiden. Für den Unterricht bedeutet das: Lernende begegnen Spanisch in unterschiedlichen sprachlichen Realitäten. Diese Vielfalt abzubilden trägt zu realistischer Sprachkompetenz und interkulturellem Verständnis bei.
Variation ist der Normalzustand jeder Sprache. Sie entsteht durch Unterschiede zwischen Regionen, sozialen Gruppen und Kommunikationssituationen. Auch Standardvarietäten sind dabei keine übergeordnete Form, sondern eine unter mehreren – und selbst sie unterscheiden sich je nach Land und institutionellem Kontext.
Die Sprachwissenschaft ordnet diese Vielfalt, indem sie drei zentrale Dimensionen sprachlicher Variation unterscheidet, die sich auf den Raum, die Gesellschaft und die Kommunikationssituation beziehen:
| Dimension | Beschreibung | Beispiel |
|---|---|---|
| diatopisch | regionale Unterschiede innerhalb einer Sprache | vosotros (Spanien) vs. ustedes (Lateinamerika) |
| diastratisch | soziale Unterschiede, die mit Bildung, Alter oder sozialer Zugehörigkeit zusammenhängen | Bildungssprache vs. Alltagssprache |
| diaphasisch | situationsbezogene Unterschiede in Abhängigkeit von Formalität, Nähe oder Kommunikationsziel | formeller Sprachgebrauch vs. informeller Gesprächsstil |
Neben diesen synchronen Dimensionen wird häufig auch eine vierte, eigenständige Perspektive berücksichtigt: die diachrone Variation. Sie beschreibt Veränderungen über die Zeit hinweg und zeigt, wie sich Sprachformen historisch entwickeln und wandeln können. Ausführlicher wird dieser Aspekt im Kapitel Sprachwandel behandelt.
Diese Ebenen greifen ineinander. Eine Form kann zugleich regional, sozial und stilistisch markiert sein. Wer sich mit Variation beschäftigt, betrachtet Sprache daher als dynamisches System, das in Abhängigkeit von Raum, Gesellschaft und Kommunikationssituation ständig unterschiedliche, aber gleichwertige Ausdrucksweisen hervorbringt.
Wie Linguistik Variation ordnet¶
Linguistik betrachtet Variation als systematisches Phänomen. Sie beschreibt, welche Formen in welchen Kontexten verwendet werden und wie Sprecherinnen und Sprecher zwischen ihnen wechseln. Dabei steht nicht die Bewertung im Mittelpunkt, sondern das Verständnis von Regeln des Gebrauchs und sozialer Akzeptanz.
Standardvarietäten entstehen dort, wo bestimmte Formen durch Institutionen, Medien oder Bildungssysteme bevorzugt und verbreitet werden. Sie beruhen auf einem gesellschaftlichen Konsens darüber, was als „angemessen“ oder „gehoben“ gilt. In der hispanophonen Welt bedeutet das: Jedes Land oder jede Region hat eine eigene Standardvarietät herausgebildet, die als Bezugspunkt für formellen Sprachgebrauch gilt.
Wann Variation in den Unterricht passt¶
Variation lässt sich im Unterricht aufgreifen, wann immer sich Gelegenheiten ergeben – etwa beim Arbeiten mit Hörtexten, bei Vokabelerweiterungen oder beim Vergleich von Dialogbeispielen. Es bietet sich an, Unterschiede zwischen Varietäten sichtbar zu machen, ohne sie zu bewerten, und Lernende dafür zu sensibilisieren, dass sprachliche Vielfalt normal und funktional ist. Dabei könnte man gezielt rezeptive Varietätenkompetenz fördern, also die Fähigkeit, unterschiedliche Formen zu verstehen, auch wenn man sie selbst nicht verwendet.
Was ist eine Standardsprache – und wozu brauchen wir sie im Unterricht?¶
Eine Standardsprache ist kein natürlich gewachsenes Gebilde, sondern das Ergebnis sozialer und institutioneller Aushandlung. Sie entsteht dort, wo eine bestimmte Varietät als besonders geeignet für Bildung, Medien und öffentliche Kommunikation gilt. Es handelt sich also nicht um eine „bessere“ Sprache, sondern um eine Form, die als Orientierung und Referenz dient.
Für den Fremdsprachenunterricht erfüllt die Standardsprache eine praktische Funktion: Sie bietet Orientierung beim Aufbau kommunikativer Kompetenz und schafft Vergleichbarkeit in Lehrwerken und Prüfungen. Entscheidend ist, dass sie als didaktisches Werkzeug verstanden wird – als eine von mehreren möglichen Ausdrucksformen innerhalb einer sprachlichen Vielfalt.
Im Unterricht geht es nicht darum, die „richtige“ Sprache zu lehren, sondern den Blick für sprachliche Vielfalt zu öffnen und zugleich einen stabilen Bezugsrahmen zu bieten.
Mehr als Kastilisch – der spanische Standard im plurizentrischen Rahmen¶
Das Spanische ist eine plurizentrische Sprache. Es existieren mehrere nationale Zentren, in denen jeweils eigene Standardvarietäten entstanden sind – also eigenständige Vorstellungen davon, was als guter und angemessener Sprachgebrauch gilt. Diese Normen beruhen auf einem stillschweigenden Konsens der gebildeten Sprecherinnen und Sprecher und sind unterschiedlich stark institutionell verankert. Jede nationale Standardvarietät bildet den Referenzrahmen für formellen Sprachgebrauch im jeweiligen Land.
Historisch nahm das in Spanien kodifizierte Standardspanisch eine dominierende Rolle ein. Schulbücher, Grammatiken und Prüfungssysteme orientierten sich lange an dieser Norm, die dadurch zur einzigen Referenz wurde. Heute hat sich dieses Bild gewandelt: Auch in Hispanoamerika haben sich nationale Standards herausgebildet, die als gleichwertige Bezugssysteme gelten, selbst wenn nicht überall eigene normative Grammatiken oder Wörterbücher existieren.
Ein plurizentrisches Verständnis des Spanischen bedeutet daher: Nicht ein Zentrum legt fest, was korrekt ist, sondern jedes Land entwickelt seinen eigenen Standard, getragen von gesellschaftlicher Praxis, medialer Präsenz und sprachlicher Tradition. Diese nationalen Normen unterscheiden sich nur in Nuancen, prägen aber Wahrnehmung, Unterricht und sprachliche Ideologien nachhaltig.
Was heißt Plurizentrik?¶
Eine Sprache gilt als plurizentrisch, wenn sie mehr als ein Zentrum (ein Land, eine Region, eine wichtige Stadt) der Normbildung. Das heißt: Es existieren mehrere Standardvarietäten, die in ihren jeweiligen Ländern gesellschaftlich anerkannt und institutionell verankert sind. Diese Normzentren beeinflussen sich gegenseitig, unterscheiden sich in Details, bleiben aber grundsätzlich kompatibel.
Wie auch beim Englischen (Großbritannien, USA, Australien) oder Portugiesischen (Portugal, Brasilien, Angola) beruht auch beim Spanischen die plurizentrische Struktur auf mehreren gleichwertigen, aber unterschiedlich starken nationalen Standards. Das macht das Spanische zu einer besonders ausgeprägten plurizentrischen Sprache – mit mehr als zwanzig Ländern, in denen es eine offizielle und normgebende Rolle spielt. Auch das Deutsche kann man übrigens als plurizentrisch bezeichnen (Deutschland, Österreich, Schweiz), obowhl Germanisten den Terminus pluriareal präferieren und hier Unterschiede zu Englisch oder Spanisch sehen.
Wie verteilt sich das Spanische – Zentren und Asymmetrien¶
Die plurizentrische Struktur des Spanischen ist nicht symmetrisch. Historisch besitzt das in Spanien kodifizierte Standardspanisch eine hohe institutionelle Sichtbarkeit – gestützt durch eine lange literarische Tradition, die Real Academia Española, aber auch durch internationale Medien und konservatives Denken. Dennoch gelten heute mehrere nationale Zentren als sprachliche Referenzen.
In Hispanoamerika haben sich eigenständige Standards entwickelt, die in ihren jeweiligen Ländern die Norm für formellen Sprachgebrauch bilden. Besonders deutlich, auch über die Landesgrenzen hinaus, wird dies in zwei großen Zentren:
- Mexiko: Das Land mit der größten Zahl spanischsprachiger Sprecherinnen und Sprecher. Durch Medienproduktion, Film und Synchronisation prägt Mexiko informell einen panamerikanischen Standard, der in ganz Amerika weithin verstanden und akzeptiert ist.
- Argentinien: Ein starkes kulturelles Zentrum des südlichen Raums mit klar erkennbarer normativer Eigenständigkeit. Der charakteristische voseo, die spezifische Aussprache und der mediale Einfluss haben zur Ausbildung einer stark emanzipierten nationalen Standardvarietät geführt.
Daneben bestehen zahlreiche kleinere nationale Standards – etwa in Chile, Kolumbien, Paraguay oder Ecuador. Ihre Reichweite ist international geringer, institutionell jedoch ebenso legitim. Auch sie tragen zur Vielfalt der hispanophonen Welt bei, selbst wenn sie noch weniger stark emanzipiert und durch Wörterbücher und Grammatiken gestützt sind.
Insgesamt ergibt sich ein Bild asymmetrischer Vernetzung: Spanien verfügt über historisch gewachsene institutionelle Dominanz, während die amerikanischen Varietäten zunehmend an Gewicht gewinnen. Jedes Zentrum trägt eigenständig zur Normbildung bei; keines ersetzt ein anderes. Die Sprachakademien sprechen daher heute gern von der Einheit in Vielfalt.
Das Schulbuchspanisch – eine Perspektive im Wandel¶
In vielen Bildungszusammenhängen gilt bis heute die in Spanien gebräuchliche Standardvarietät als besonders korrekt. Solche Vorstellungen gehen weniger auf linguistische Argumente zurück als auf historische und gesellschaftliche Wertungen.
Gleichzeitig fördern die wichtigsten Sprachinstitutionen der hispanophonen Welt – vor allem die Kooperation zwischen der Real Academia Española (RAE) und der Asociación de Academias de la Lengua Española (ASALE) – inzwischen eine panhispanische Normpolitik. Ihr Ziel ist nicht Vereinheitlichung, sondern Zusammenarbeit zwischen den Akademien der verschiedenen Länder. In gemeinsamen Werken wie der Nueva gramática de la lengua española und dem Diccionario panhispánico de dudas wird sprachliche Vielfalt dokumentiert und als gleichwertig anerkannt.
Eine plurizentrische Sichtweise im Unterricht greift dieses Selbstverständnis auf. Sie trägt dazu bei, stereotype Vorstellungen von „richtigem Spanisch“ zu hinterfragen und Lernenden zu zeigen, dass Vielfalt Teil der sprachlichen Realität ist – nicht Abweichung von ihr.
Vielfalt im Unterricht – was Plurizentrik praktisch bedeutet¶
Nachdem deutlich geworden ist, dass das Spanische aus mehreren nationalen Standardvarietäten besteht, stellt sich die Frage, wie sich diese sprachliche Realität im Unterricht widerspiegeln kann. Ein plurizentrischer Unterricht bedeutet nicht, alle Varietäten gleichzeitig zu lehren, sondern Vielfalt bewusst und transparent zu machen.
Haltung und Ziel: Offenheit statt Hierarchie¶
Ein Unterricht, der die plurizentrische Struktur des Spanischen ernst nimmt, erfordert keine neue Grammatik, sondern eine veränderte Perspektive. Lehrkräfte wählen eine Arbeitsnorm, benennen sie offen und zeigen zugleich, dass andere Standards ebenso gültig sind. So entsteht Transparenz, ohne Lernende zu verunsichern.
Lehrkräfte treffen im Unterricht zwangsläufig Entscheidungen über sprachliche Normen – häufig unbewusst. Diese Entscheidungen prägen Aussprache, Wortwahl, Korrektur und Bewertung. Eine bewusste, reflektierte Normwahl ermöglicht es, sprachliche Vielfalt sichtbar zu machen, ohne Orientierung zu verlieren.
Solche Reflexion schafft die Grundlage für Normtransparenz: Lernende erkennen, dass sprachliche Normen sozial bestimmt und kontextabhängig sind. Jede Varietät ist in ihrem gesellschaftlichen Rahmen gültig und funktional. Eine kurze Unterrichtsreflexion kann dabei helfen: Welche Varietät prägt mein eigenes Sprachbild – und wie bewusst ist diese Wahl im Unterricht?
So wird der Unterricht zu einem Ort, an dem sprachliche Vielfalt nicht nur vorkommt, sondern verstanden und eingeordnet wird – eine Voraussetzung für die Entwicklung rezeptiver Varietätenkompetenz.
O-Ton: „Soy latina: mi acento mexicano es parte de mi identidad (también como docente)“
Como estudiante de profesorado latina en una universidad alemana, la gente suele asumir automáticamente que una de mis dos asignaturas es “español”. De hecho, llegó un punto en el que ya ni siquiera me preguntaban qué materias estudiaba, sino que directamente me atribuían la materia y solo preguntaban: “¡Ah! ¿Español y qué otra materia?”
Ahí, de algún modo, tenía que romper con la idea de la otra persona y contestarles que ninguna de mis materias era “español”. Cada vez que lo decía, recibía exactamente la misma mirada: la cabeza ligeramente inclinada, como si tuvieran una pregunta que yo no podía responder. Más bien, como si mi respuesta no los hubiera dejado satisfechos. Así que, para romper con el ligero aire de incomodidad, añadía algo más: “En realidad no estudio ‘español’ porque tendría que enseñar castellano, pero yo hablo la variante mexicana. Y siendo sincera, nunca me planteé seriamente estudiar ‘español’”.
Eso era una mentira. La verdad es que claro que me lo había planteado, sobre todo después de dar clases de “español” en Estados Unidos y sorprenderme de lo mucho que lo disfrutaba. Pero la idea de pararme frente a una clase fingiendo un acento y representando una variedad que no me corresponde no se me hacía algo que pudiera transmitir de forma genuina. A su vez pensaba: “¿A quién en Alemania le interesaría específicamente mi variedad? Tiene más sentido que aprendan el español peninsular por la cercanía de las regiones”. Así que dejé esa idea encerrada en una especie de “cajón mental”.
Todas las líneas de pensamiento por las que pasé indicaban que, si me quería dedicar al español como maestra en una escuela alemana, habría solo una manera legítima de hacerlo, y la mía no encajaba con la norma. Así que ese cajón mental se quedó cerrado y olvidado.
Hasta que hice mis primeras prácticas. En un recreo, conociendo a los maestros por primera vez, un maestro me hizo la misma pregunta del principio. Y, una vez más, el mismo diálogo salió de mí como las primeras cien veces que me hicieron esa pregunta. Pero por primera vez recibí una respuesta diferente: “No es cierto que debas enseñar el español peninsular. Tú puedes enseñar tu variante del español y nadie puede obligarte a cambiarla”.
En ese momento el cajón —la posibilidad de reaprender, redescubrir y representar mi lengua— se abrió. Me di cuenta de que quizás algún día podría ayudar a cuestionar esa idea tan errada de que solo se puede enseñar una versión del español. Porque en un mundo globalizado como el de hoy, no se puede reducir la enseñanza del español a una sola forma, ni mucho menos a un solo acento considerado como el “neutral” o el “correcto”. El idioma es diverso, vivo, móvil, y eso debería reflejarse en la didáctica también.
No se trata solo de una cuestión lingüística. También está en juego quiénes tienen el derecho de enseñar, de hablar, de ser escuchados. En el sistema educativo alemán, como en muchos otros, persisten aún modelos lingüísticos y culturales que favorecen la idea de neutralidad, estrechamente ligada a lo blanco, lo europeo y lo normado. Frente a eso, la presencia de docentes migrantes, de personas con historias de desplazamiento o de estudiantes que crecen hablando otras lenguas en casa no es solo una excepción estadística. Es un desafío profundo a las estructuras que determinan qué saberes son válidos (e igualmente cuáles no) y quiénes pueden transmitirlos.
Para muchas personas migrantes o racializadas, enseñar con su propia voz, su propia historia y sus propias variantes lingüísticas no es simplemente una lección didáctica. Es la posibilidad de ocupar un espacio profesional sin tener que renunciar a su identidad y sin tener que adaptarse constantemente a modelos que no los representan.
En un contexto donde aún se espera —implícita o explícitamente— que la integración pase por la homogeneización, ocupar ese espacio desde lo auténtico y lo propio es una manera de ampliar los márgenes de lo que las instituciones consideran “correcto”, “válido” o “enseñable”.
Enseñar desde la diversidad no es una concesión progresista. Es una necesidad pedagógica en un aula marcada por la globalización, la migración, el pluricentrismo y la multiplicidad de voces.
Renata Freyre Castro
Didaktische Umsetzung: Vielfalt erfahrbar machen¶
Plurizentrische Ansätze lassen sich auf allen Ebenen des Unterrichts integrieren:
- Hörverstehen: Aufnahmen aus verschiedenen Ländern – Radiobeiträge, Interviews oder Serienausschnitte – machen Varietäten hörbar. Lernende identifizieren typische Aussprache- und Ausdrucksmerkmale und lernen, sie einzuordnen.
- Lesen und Wortschatz: Texte aus unterschiedlichen Regionen, etwa Zeitungsartikel aus Argentinien und Mexiko, verdeutlichen lexikalische Unterschiede. Diese können gesammelt und vergleichend dargestellt werden.
- Kommunikation: In Rollenspielen oder Dialogübungen lassen sich Varietäten gezielt einsetzen („Ein Anruf aus Madrid – ein Gespräch in Buenos Aires“). So wird Verständigung über Varietäten hinweg erfahrbar.
- Reflexion: Kurze Einheiten zur Sprachbewusstheit regen dazu an, über Normen und Vorstellungen nachzudenken („Was halten Sie für ‚richtiges‘ Spanisch – und warum?“).
Das Ziel ist der Aufbau rezeptiver Varietätenkompetenz: Lernende sollen Unterschiede wahrnehmen und verstehen, ohne sie aktiv übernehmen zu müssen. So entsteht Sicherheit im Umgang mit Vielfalt, ohne den Druck, mehrere Varianten perfekt zu beherrschen.
Bewertung und Sprachbewusstsein¶
In einem plurizentrischen Unterricht zählt nicht, welche Variante jemand verwendet, sondern wie situationsangemessen sie genutzt wird. Ein Lernender, der eine amerikanische Form regelmäßig verwendet, sollte nicht korrigiert werden, vielmehr bietet es Gelegenheit, die Wahl der Formen zu thematisieren.
Bewertung orientiert sich somit nicht an einer vermeintlich „richtigen“ Variante. So wird Normtransparenz zu einem zentralen Element gerechter Beurteilung und trägt dazu bei, Vorurteile gegenüber bestimmten Sprachformen abzubauen.
Das Klassenzimmer als plurizentrischer Raum¶
Wenn Lehrkräfte sprachliche Vielfalt offen einbeziehen, wird das Klassenzimmer selbst zu einem Modell für eine mehrstimmige Sprachgemeinschaft: Ein Raum, in dem Unterschiede benannt, verstanden und respektiert werden. Lernende erleben, dass alle Sprecherinnen und Sprecher der hispanophonen Welt zu dieser Gemeinschaft gehören – unabhängig davon, ob sie aus Madrid, Mexiko-Stadt oder Montevideo stammen.
Ausblick¶
Dieses Kapitel dient nur der thematischen Einführung und der Reflexion des Themas, um einen informierten und linguistisch fundierten Umgang mit der Variation und Plurizentrik des Spanischen im Unterricht zu ermöglichen. In den folgenden Kapiteln wird es konkreter: So gibt das folgende Kapitel einen Überblick über besondres zentrale Variationsphänomene der Grammatik und Pragmatik des Spanischen und ergänzt damit das Kapitel zur Aussprachevariation. Im Anschluss wird im Kapitel Plurizentrik im Klassenraum anhand anschaulicher Materialien gezeigt, wie die Vielfalt des Spanischen gezielt in den Unterricht integriert werden kann – mit Beispielen, Materialien und praxisnahen Anregungen.
Merken Sie sich
- Spanisch ist eine plurizentrische Sprache mit mehreren gleichwertigen Standardvarietäten.
- Unterricht soll keine Norm vereinheitlichen, sondern sprachliche Vielfalt bewusst machen.
- Transparenz über die gewählte Arbeitsnorm schafft Sicherheit.
- Gerechte Bewertung richtet sich nach Kohärenz und Kontext, nicht nach Herkunftsvarietät.
- Ziel ist die Entwicklung rezeptiver Varietätenkompetenz und eines reflektierten Sprachbewusstseins.
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